Mit dem Begriff der Erziehung verbinden sich für den modernen Hörer unweigerlich historisch gewachsene, aber auch für unsere Zeit typische Aspekte: Erwartungshaltungen darüber, welchen Sinn oder Zweck und welche Ziele sie haben sollte; was für Werte und Verhaltensregulierungen dahinter und am Ende als Ergebnis zu stehen hätten.
Wie selbstverständlich wurden daraus lange Zeit in der historischen wie pädagogischen Forschung analogistische Rückschlüsse gebildet, um Traditionslinien herauszuarbeiten und moderne gegen alte Vorstellungen abgrenzen zu können. Grundlagenforschungen fehlen jedoch bislang in sehr weiten Teilen. Hier wird mit einer Studie zu den Werte- und Normenhorizonten der französischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts innerhalb des Diskursgefüges Erziehung eine erste vertiefende Schneise geschlagen. Dieses Jahrhundert und dieses Königreich waren von tiefgreifenden Konflikten, Aushandlungsprozessen und Veränderungen betroffen, in deren Kontext auch die Ideale als Zielpunkte einer gelungenen Kindererziehung erstmals umfassend verschriftlicht verhandelt wurden. Kindererziehung wurde in diversen Abhandlungen und Ratgebern zum Thema verortet zwischen Dies- und Jenseits, zwischen sozialen und christlichen Verhaltensnormierungen und Erwartungshorizonten.