Zusammenfassung:
Die Bedeutsamkeit der Lehrperson und deren Feedback für das Lernen von Schüler*innen ist eines der zentralen Ergebnisse der Hattie-Studie (Hattie, 2014). Im Rahmen der vorliegenden kumulativen Dissertation wird mithilfe einer qualitativen Videostudie auf der Mikroebene des Unterrichts der Frage nachgegangen, wie Feedback differenziert erfasst werden kann und wie
Feedbacksituationen gestaltet werden. Spezifisch interessiert, welche Formen von Rückmeldungen in der Interaktion zwischen Lehrkraft und Schüler*innen im Mathematikunterricht vierter Grundschulklassen gegeben werden.
Die Wirksamkeit verschiedener Feedbackarten ist bereits weitreichend erforscht (beispielsweise Hattie & Timperley, 2007), dies wird jedoch überwiegend mit quantitativen Studien untersucht. Die tatsächliche Feedbackinteraktion ist aber von besonderer Bedeutung, da sie Aufschlüsse darüber gibt, welche Prozesse stattfinden und wie diese Interaktionssequenzen aufgebaut sind. Daher eignet sich ein qualitativer Forschungsansatz besonders, um Prozesse und Interaktionen in Feedbacksituationen zu untersuchen. Innerhalb der Arbeit liegt der Fokus auf
nicht-schriftlichen Rückmeldungen zu akademischem Verhalten. Das Sozialverhalten der Schüler*innen wird indessen nicht näher betrachtet.
Mithilfe von Unterrichtsvideografien werden Interaktionsprozesse und akademisches Feedback erfasst und anschließend videointeraktionsanalytisch nach Dinkelaker und Herrle (2009) segmentierungs- und sequenzanalytisch ausgewertet. Die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse geben Aufschluss über die Zusammensetzung von tatsächlich gegebenem Lehrkraftfeedback in dyadischen und polyadischen Unterrichtssituationen. Untersucht wird, ob Feedbackmuster
vorliegen und inwiefern sich bei den videografierten Lehrkräften intrapersonale Regelmäßigkeiten sowie interpersonale Gemeinsamkeiten und Unterschiede zeigen. Es wird angenommen, dass die Basisdimensionen von Unterrichtsqualität (effektive Klassenführung, kognitive Aktivierung, konstruktive Unterstützung; vgl. Klieme et al., 2001) im Lehrkraftfeedback erkennbar sind. Den Kern der Arbeit bilden drei Beiträge, die alle ein Peer-Review durchlaufen haben. Im vorliegenden Rahmenpapier werden die Ergebnisse dieser zusammenfassend
präsentiert und diskutiert und weitere Ergebnisse einbezogen. Im Zuge dessen wird auch ein quantitatives Beobachtungsinstrument, das Kategoriensystem SOFI (Structured Observational Feedback Instrument) vorgestellt.
Ein zentrales Ergebnis der vorliegenden Arbeit ist die per qualitativer Videointeraktionsanalyse erhaltene Identifikation des neuen I-A-A-Strukturmusters (Initiierung, Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand, Abschluss) zum Ablauf von Feedbacksituationen. Es zeigt sich in diesem Strukturmuster, dass die Feedbackinteraktion in dyadischen Situationen sowohl von der Lehrkraft als auch von den Schüler*innen initiiert werden kann. In der zweiten Phase, der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand, werden verschiedenen Feedbackarten miteinander kombiniert. Der Abschluss der Situation unterscheidet sich bei dyadischen und polyadischen Situationen. Weiterhin ist festzuhalten, dass sich in allen analysierten Sequenzen Kombinationen von non-, para- und verbalen Elementen zeigen.
Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit gewonnenen und diskutierten Erkenntnisse der explorative Untersuchung bereichern die grundschulpädagogische Unterrichtsforschung zum
Thema Feedback und geben einen Anlass für weitere Forschungsarbeiten. Limitationen und Forschungsdesiderata werden angeführt.