Hintergrund: die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter. Zukünftig werden mehr und mehr Menschen in stationären Pflegeheimen versorgt werden. Pflegeheimbewohnende sind im Vergleich mit zuhause versorgten Pflegebedürftigen mitunter von geringerer Lebensqualität, geringerem Wohlbefinden, zahlreicheren unerfüllten Bedürfnissen oder häufigeren depressiven Symptomen betroffen. Eine personenzentrierte Versorgung steht in Zusammenhang mit positiven Auswirkungen auf das Leben von Heimbewohnenden wie etwa höherer Zufriedenheit oder geringerer Depressivität. Die gelingende Implementierung dieser Versorgung basiert auf Kenntnis der Wünsche und Bedürfnisse der Heimbewohnenden. Die vorliegende Arbeit beleuchtet das Erkennen von depressiven Symptomen von Pflegeheimbewohnenden mit Demenz, die Bedürfnisse von Heimbewohnenden mit und ohne depressiven Symptomen sowie die Erfahrungen von Heimbewohnenden mit depressiver Symptomatik während der Covid-19- Pandemie. Alle vier Studien haben die Verbesserung der Versorgung von Menschen in vollstationärer Pflege zum Ziel.
Methode: die Dissertation besteht aus vier Einzelstudien, welche anhand unterschiedlicher Methoden durchgeführt wurden. Studie 1 entspricht einer querschnittlichen cluster- randomisierten kontrollierten Fragebogenstudie. Die zweite Studie ist eine Übersichtsarbeit in Form eines Scoping Reviews, in welchem 51 Studien analysiert wurden. Studien 3 und 4 folgen einem explorativen qualitativen Studiendesign.
Ergebnisse: im Rahmen der ersten Studie konnte festgestellt werden, dass nur eine geringe Übereinstimmung zwischen selbst- und fremdberichteten depressiven Symptomen bei Heimbewohnenden mit Demenz vorlag. Zudem wiesen die selbst- und fremdberichteten Symptome differente Assoziationsmuster mit weiteren Variablen, wie zum Beispiel Lebensqualität, auf. In Studie 2 wurden zahlreiche Bedürfnisse von Heimbewohnenden extrahiert, welche 12 Kategorien zugeordnet wurden. In Studie 3 wurden die Bedürfnisse von Bewohnenden mit depressiven Symptomen untersucht. Die Bewohnenden berichteten von zahlreichen, teils unerfüllten Bedürfnissen sowie den Barrieren, die einer Bedürfniserfüllung im Wege standen. Bezüglich der Bedürfniskommunikation zeigten die Ergebnisse, dass Heimbewohnende mit depressiven Symptomen ihre Bedürfnisse kommunizieren können und möchten und welche Faktoren hierfür sowohl hinderlich als auch förderlich sind. In der vierten Studie, welche das Erleben der Heimbewohnenden mit depressiver Symptomatik während der Pandemie beleuchtete, zeigte sich, dass die Plegeheimbewohnenden weniger aufgrund der Angst vor einer Infektion, sondern vielmehr aufgrund der Einschränkungen und Maßnahmen im Pflegeheim, die ihren Bedürfnissen entgegenstanden, belastet waren.
Diskussion: alle vier Studien unterstreichen die Relevanz Pflegeheimbewohnende direkt zu befragen, sei es bei der Erfassung von Symptomen oder von Wünschen und Bedürfnissen. Dies
wird in Studie 1 dadurch ersichtlich, dass die Instrumente, die stellvertretend von Dritten beantwortet werden und häufig zum Screening von Depressionen bei Menschen mit Demenz eingesetzt werden, nur in geringem Maße mit den Selbstangaben der Bewohnenden übereinstimmen. Während das Scoping Review (Studie 2) vor allem die hohe Diversität und interindividuelle Heterogenität von Wünschen und Bedürfnissen von Pflegeheimbewohnenden verdeutlicht, hebt Studie 3 zudem die Barrieren, die einer Bedürfniserfüllung beziehungsweise gelingender Bedürfniskommunikation bei Heimbewohnenden mit depressiver Symptomatik entgegenwirken, hervor. Darunter exemplarisch wenig Zeit und Verständnis seitens des Personals. Die Ergebnisse verdeutlichen die Relevanz von persönlichen, geduldigen und tiefgehenden Gesprächen mit den Bewohnenden zur Erfassung der vorliegenden Wünsche und Bedürfnisse. Studie 4, in welcher die Lebenssituation im Pflegeheimheim während der Pandemie untersucht wurde, betont überdies, dass Bewohnende auch in schwierigen Situationen an Entscheidungen, welche ihr Leben maßgeblich beeinflussen, zu beteiligen sind. Fehlende Partizipation und nicht-stattfindende vertrauensvolle und wiederkehrende Gespräche mit den Bewohnenden können zu Fehlversorgung und unerfüllten Bedürfnissen führen. Im Umkehrschluss hingegen ist die Beteiligung von Heimbewohnenden als Voraussetzung für gelingende personenzentrierte sowie adäquate Versorgung zu nennen.
Background: the population in Germany is getting older and older. In the future, more and more people will be cared for in inpatient nursing homes. Residents of nursing homes sometimes suffer from a lower quality of life, a lower sense of well-being, more unmet needs, or more frequent depressive symptoms compared to people cared for at home. Person-centered care has a positive impact on the lives of nursing home residents, for example through increased satisfaction or reduced depressive symptoms. Successful implementation of this care is based on the knowledge of nursing home residents' wishes and needs. This paper highlights the recognition of depressive symptoms in nursing home residents with dementia, the needs of residents with and without depressive symptoms, and the experiences of nursing home residents with depressive symptoms during the Covid-19-pandemic. All four studies aim to improve the care of people in full inpatient care.
Methods: four studies were conducted as part of the dissertation using different methods. The first study was conducted as a cross-sectional randomized controlled trial. The second study was a scoping review in which 51 studies were analyzed. Studies 3 and 4 correspond to an exploratory qualitative study design.
Results: in the first study, it was found that there was low agreement between self-reported and informant-reported depressive symptoms in nursing home residents with dementia. In addition, self- and informant-reported symptoms showed different patterns of association with other variables, such as quality of life. Study 2 extracted numerous needs of nursing home residents that were assigned to 12 categories. Study 3 examined the needs of residents with depressive symptoms. Residents reported several needs, some of which were unmet, as well as barriers to need satisfaction. Concerning needs communication, the results show that nursing home residents with depressive symptoms can and will communicate their needs and what factors hinder and facilitate this. In the fourth study, which examined the experience of nursing home residents with depressive symptoms during the pandemic, it was found that they were less stressed by fear of contagion than by the nursing home restrictions and policies that interfered with their needs.
Discussion: all four studies emphasize the relevance of direct questioning of nursing home residents, whether in recording symptoms or wishes and needs. This is demonstrated in study 1 by the fact that the instruments, answered vicariously by third parties and often used to screen for depression in people with dementia, have little concordance with residents' self-reports. While the scoping review (study 2) highlights the high diversity and interindividual heterogeneity of nursing home residents' wishes and needs, study 3 also highlights barriers to need fulfillment and successful needs communication among nursing home residents with depressive symptoms, such as little time and understanding on part of the caregivers. The findings highlight the relevance of face-to-face, patient, and in-depth conversations with residents to elicit existing
wishes and needs. Study 4, which examined the living situation of nursing home residents during the pandemic, also highlights the need to involve residents, even in difficult situations, in decisions that significantly affect their lives. Lack of involvement and non-occuring trustful, recurring conversations with residents can lead to mismanagement and unmet needs. Conversely, nursing home residents' participation is a prerequisite for successful person-centered and appropriate care.