Den Herausforderungen in ländlichen Räumen (u.a. demografischer Wandel, Gewährleistung der Daseinsvorsorge) zu begegnen, zeigt sich aktuell als komplexe räumliche und politische Aufgabe. In der Frage nach passgenauen Handlungsstrategien, die gemeinsam mit den Menschen vor Ort gestaltet werden, eröffnet sich in der Orts- und Regionalentwicklung eine Diskussion über neue Verantwortungsverhältnisse.
Gegenstand der hier vorgestellten Dissertation ist das niedersächsische Förderprogramm der Dorfentwicklung, welches das Ziel der Unterstützung der Dörfer in ihrer Entwicklung als vitale Wohn-, Wirtschafts- und Lebensräume verfolgt. Forschungs- und Modellprojekte verdeutlichen, dass die Bürger*innen als zentrale Figuren in der niedersächsischen Dorfentwicklung erkannt worden sind und erste Ansätze hinsichtlich einer gemeinsamen Verantwortungsübernahme zwischen Kommune und Bewohner*innen diskutiert werden. Die analytisch-thematische Auseinandersetzung mit Verantwortung befindet sich noch in den Anfängen der wissenschaftlichen und politischen Debatten und hat bisher keine bedeutende Stellung im Förderprogramm inne. Ein Forschungsdefizit verdeutlicht sich hierbei in Möglichkeiten der Ausgestaltung und Umsetzung von Verantwortungsgemeinschaften aus der Perspektive der Planung.
Die Dissertation setzt sich am Beispiel der niedersächsischen Dorfentwicklung mit der Frage auseinander, inwieweit es einer neuen Ausrichtung des Förderprogramms in Bezug auf die Selbstgestaltung des Lebensraumes durch die Bürger*innen, neuer lokaler Verantwortungsstrukturen und damit einhergehend einer methodischen Anpassung bedarf. Hierzu werden mit Hilfe qualitativer Methoden der empirischen Sozialforschung Einschätzungen zu einer gemeinsamen Verantwortungsübernahme und der Ausgestaltung von Verantwortungsgemeinschaften vertiefend betrachtet und es wird ihr Potenzial für die Entwicklung ländlicher Räume untersucht. Die Fachperspektive von Planer*innen, ergänzt durch die Alltagsperspektive der Bürger*innen, verdeutlicht, dass neue Verantwortungsstrukturen, wie die Zusammenarbeit als Verantwortungsgemeinschaft, dazu beitragen können Dörfer als attraktive Räume zu gestalten und innovative Lösungsmöglichkeiten zu finden. Als zentrale Einflussfaktoren auf Verantwortungsgemeinschaften sind das Interesse an einer gemeinsamen Gestaltung, Wissen über Kompetenzen, Rollenverständnisse, Verstetigung und passende Rahmenbedingungen – wie die Ausgestaltung der Partizipation, Kommunikation und Entscheidungsfindung – zu bezeichnen.
Die Dissertation bietet eine empirische und multiperspektivische Grundlage, auf die sich das Ansinnen nach der Etablierung von Verantwortungsgemeinschaften stützen kann und schließt mit Handlungsempfehlungen für die Praxis und dem Aufzeigen des weiteren Forschungsbedarfs ab.