Diese Dissertation beschäftigt sich mit dem freiwilligen Engagement im Bereich Flucht und Asyl und fokussiert dessen Zusammensetzung, Herausforderungen und Merkmale, die Motive der Freiwilligen, und die Netzwerke, in denen sie sich bewegen. Darüber hinaus beschäftigt sich die Arbeit mit den Erwartungen der Freiwilligen an ihre Adressat*innen, die Dynamiken in den Beziehungen zu diesen und dabei relevant gemachte Deutungs- und Handlungsstrukturen. Als theoretischer Rahmen werden hierzu Konzepte der Reziprozität und Solidarität sowie des Paternalismus vorgestellt und das Engagement gabentheoretisch verortet. Auf Basis dieses Zugangs wird die Kategorie des ‚perfekten Flüchtlings‘ und diverse Merkmale dieses Dispositivs im Sinne Foucaults als Schlüsselthema der ethnografischen Arbeit vorgestellt. Darüber hinaus wird die Kategorie der ‚richtigen Hilfe‘ skizziert.
Eingebettet werden diese Ausführungen in einige Einblicke in das gesellschaftliche Stimmungsbild, medialen Debatten und den Diskurs um Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen vor dem Hintergrund der Migrationsbewegungen der letzten Jahre. Zudem wird die Lebenssituation geflüchteter Menschen (im ländlichen Raum) beleuchtet, nachdem diese die alltägliche Praxis des Engagements maßgeblich determiniert.
Dabei trägt die Arbeit gerade durch die provokante Kategorie des ‚perfekten Flüchtlings‘ und der Skizze der ‚richtigen Hilfe‘ als Reflexionsfolie zum weiteren Diskurs um die Wahrnehmung geflüchteter Menschen und die Rolle freiwillig Tätiger bei der (Re-)Produktion von Hierarchisierungs- und Ungleichheitsprozessen bei. Auf dieser Basis verfolgt sie außerdem das Ziel, die Praxis der (gemeinwesenorientierten) Sozialen Arbeit zu bereichern und strukturelle Voraussetzungen für ihr Gelingen zu beschreiben.
Die Erkenntnisse beruhen auf einem ethnografischen Zugang, der sich durch seine Breite unter Berücksichtigung diverser Perspektiven auszeichnet. Neben Feldaufenthalten in Gemeinschaftsunterkünften für geflüchtete Menschen und Interviews mit Geflüchteten, Freiwilligen und Professionellen (Sozialer Arbeit) spielt dabei auch die Reflexion eigener Engagementerfahrungen des Autors in diesem Feld eine wichtige Rolle.